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Interview mit Tobias Lötscher zum Welt Spina bifida und Hydrocephalus Tag

24.10.2023

Heute ist der Welt Spina bifida und Hydrocephalus Tag. Wir möchten diese Gelegenheit nutzen und Betroffenen mehr Reichweite geben. Im spannenden Interview mit Tobias Lötscher erfahren Sie, wie sein Leben mit einem Geburtsgebrechen aussieht.  

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Lieber Tobias, du kamst mit Spina bifida zur Welt. In welchem Lebensabschnitt wurde dir erstmals bewusst, dass du ein Geburtsgebrechen hast, und wie hat es dein Leben beeinflusst? 

Ich merkte ja schon früh, dass ich rolle, anstatt zu laufen. Aufgrund des Lebens im Rollstuhl bin ich wohl in vielen Lebensbereichen pragmatisch, was ich durchaus als Vorteil sehe. Des Weiteren bin ich sehr realistisch.

 

Wie war die Jugendzeit für dich?

Ich erinnere mich gerne an meine Jugendzeit! In der Schule konnte ich trotz des Rollstuhls das meiste mitmachen – und ich war sogar in der Jungwacht aktiv! Es prägt mich bis heute, als Jugendlicher die wunderbare Natur und das Interesse an der Tierwelt entdeckt zu haben. 

 

In welchen Situationen erlebst du aufgrund deiner Behinderung direkte Einschränkungen? 

Bauliche Hürden wie Treppen sind mir ein Graus. Auch mag ich es nicht, wenn andere bei meinem Auto zu dicht ran parkieren, da ich so nicht mehr einsteigen kann, weil ich die Türe vollständig öffnen muss. 

 

Wie gehst du mit Diskriminierung oder Hindernissen im Alltag um?  

Oftmals sind Menschen sich ihrer Vorurteile nicht bewusst oder es gibt Missverständnisse. Da hilft Kommunikation! Bei Hindernissen versuche ich, eine machbare Lösung zu finden (Umweg machen, um Support fragen).

 

In welchen Bereichen siehst du Bedarf für verstärktes gesellschaftliches Engagement zugunsten von Menschen mit Behinderungen? 

Die Barrierefreiheit muss massiv verbessert werden. Auch wichtig finde ich die soziale Integration – über die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung muss mehr aufgeklärt werden. 

 

Wie mir unsere Mitarbeiterin Rita Frei bereits verraten konnte, bist du ein Athlet bei den Swiss Paralympics. Welche Sportart praktizierst du?

In früheren Jahren war ich ein leidenschaftlicher Rennrollstuhl-Athlet. Diese Leidenschaft hat sich nun zu Gunsten des Handbikesports verschoben. 

 

Welche Ziele hast du dir im Sport gesetzt und wie bleibst du motiviert? 

Es motiviert mich, meine persönlichen Leistungswerte zu verbessern. Motivierend ist natürlich auch meine schöne Trainingsumgebung, die Region am Sempachersee. 

 

Eine malerische Region! Wie oft pro Woche trainierst du denn? 

Es ist nun Saisonpause. Da gibt es auch eine trainingsfreie Zeit, bevor wieder das wichtige Wintertraining gestartet wird. Normalerweise trainiere ich an sechs Tagen. Einen Tag pro Woche gönne ich mir einen tiefenentspannten Ruhetag.

 

Abgesehen von deinem sportlichen Talent, bist du auch noch Hobby-Ornithologe. Wie entstand dein Interesse dafür? 

Ich war schon als Jugendlicher von der einheimischen Tierwelt begeistert. Diese Begeisterung ist bis heute ungebrochen und es ist fantastisch, das Hobby quasi zum Beruf machen zu können!

 

Dabei bist du ja bei der Vogelwarte Sempach angestellt. Was schätzt du besonders an dieser Stiftung in Bezug auf unsere fliegenden Freunde? 

Die Schweizerische Vogelwarte setzt sich für die einheimische Vogelwelt ein. Die Vogelwarte entdeckt, informiert und begeistert - das finde ich phänomenal!

 

Eine abschliessende Frage: Was ist dein tagtäglicher Aufsteller und worauf möchtest du nie verzichten? 

Es freut mich morgens jeweils ungemein, wenn mein 3-Minuten-Ei nach meinem Gusto gelingt! Ich kann auf meinen Rollstuhl nicht verzichten – ohne ihn würde ich wohl allein auf weiter Flur dasitzen… 

 

Lieber Tobias, vielen Dank für das Gespräch!

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Tobias Lötscher, Hobby-Ornithologe und Athlet Swiss Paralympic

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